Städtebaulicher Wettbewerb für eine neue Nachbarschaft am Molkenmarkt in Berlin-Mitte.
Die Grundkonzeption für das neue Viertel am Molkenmarkt beruht auf einer Vorstellung von Stadtraum und Stadtgesellschaft, die die Fähigkeit hat, sich programmatisch, räumlich und haptisch immer wieder neu zu überschreiben, dabei die bestehenden Schichten zu erhalten, sie mit neuen Funktionen zu füllen. Stadt wird ale ein Gewebe aus Architekturen, Freiräumen und Infrastrukturen verstanden. Erst im Gebrauch wird sie täglich reproduziert, neu interpretiert und weitergeschrieben.
Zentrales Element des Entwurfs ist ein Freiraumband, das die für Berlin spezifische sozio-kulturelle Raumpraxis mit der historischen Baukultur der Berliner Stadtmitte verknüpft, die unterschiedlichen Zeitschichten auf dem Areal erlebbar macht und sich diagonal von Ost nach West durch das Viertel zieht und identifikatorischen Charakter hat.
Die Kleinteiligkeit der historischen Stadt wird nicht durch bauliche Parzellierung inszeniert, sondern kohärent in eine Nutzungs- und Betriebsgemischte vielfältige Raumstruktur übersetzt und aus dem Programm heraus entwickelt. Nur durch diverse und inklusive Nutzungen und Praktiken kann eine breite Teilhabe an der Raumproduktion im Sinne des Gemeinwohls durch abgestufte Verwaltungsmodelle abgebildet und in Gebäuden und im Freiraum hergestellt werden.
Die den Molkenmarkt umgebenden städträumlichen Bausteine werden im neuen Viertel weitergeführt, neu interpretiert und über den Freiraum miteinander verwoben. Das neue Molkenmarktviertel wird so zur Vermittlerin zwischen historischen, heutigen und zukünftigen Zeitschichten. Es entsteht eine Mischstruktur aus ordnender, strassenbegleitender Wohnbebauung im Norden, gewerblich, kulturell und sozial programmierten permeablen Sockelbauten und Solitären für unterschiedlichste Wohnformen im Süden.
Ein ‚offenes Erleben und Diskutieren, belebte und lebendige Praxis‘ wird durch die im Freiraumband angelegten Baukörper, die sogenannten Trittsteine, ermöglicht. Als architektonische Sonderbauten vermögen sie individuell auf den Ort und die Freiraumgestaltung, die aufgrund der historischen Funde flexibel sein muss, einzugehen. Ein eigenständiges Kulturensemble mit offener Markthalle, Sonderwohnformen und städtischen Funktionen verknüpft das Viertel mit den umgebenden historisch prägenden und öffentlichen Identifikationsbauten. Es formuliert die Eingangssituation zum Quartier und dient als ein erster Trittstein zwischen den umliegenden Nachbarschaften.
Das Freiraumband steht durch die Vielfältigkeit der Anforderung unter hohem Druck. Um die Programme in ein mehrdeutiges Verhältnis zueinander zu setzen, wird das Quartier in Schichten gedacht. Das städtische Grün des Freiraumbandes zieht sich auf die Dachlandschaft der Sockel und die Dächer der straßenbegleitenden Bebauung. Das Bild der städtischen Landschaft wird ausdifferenziert: Je höher desto geschützter, Raum für Privatheit und Biodiversität.
Umgebungsmodell: Entwurfstudio „Mitten im Gemeinwohl“, Anna Heilgemeir und Studierende, CUD TU Berlin, WS 2019/20
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